Grappa ist in Italien die Spirituose schlechthin. Kein Wunder, denn er ist ein Nebenprodukt der Weinherstellung. Grappa-Likör ist jedoch außergewöhnlich. Noch mehr, wenn er aus einer deutsch-italienischen Zusammenarbeit entsteht.
Was wäre ein italienisches Abendessen ohne einen Grappa zur Verdauung? Zwar ist der hochprozentige Klassiker nur bedingt zum Verarbeiten eines schweren Mahls geeignet – ein Bitter („amaro“) oder ein Kräutertee („tisana“) wären besser – aber über solche Kleinigkeiten wollen wir einmal hinwegsehen.
Grappa: ein Destillat aus Trester
Grappa ist das logische Nebenprodukt beim Herstellen von Wein. Denn nach dem Auspressen der Trauben bleibt Trester zurück (die ausgequetschten Schalen). Wenn man diesen destilliert, erhält man Grappa – sehr vereinfacht dargestellt. Einen wichtigen Unterschied im Prozess gibt es zwischen Grappa aus weißen Trauben und solchem aus roten. Während Rotweintrester bereits vergoren ist und damit gleich der Destillation zugeführt werden kann, muss der Trester aus weißen Trauben erst noch vergoren werden. (Regelmäßige Leser meiner Website wissen natürlich aus diesem und diesem Artikel, dass beim Rotwein der Trester sowieso mitvergoren wird.) Das Destillat reift im Anschluss in diversen Verfahren, was wesentlich zum Geschmack des Grappa beiträgt.
Likör: aromatisierter Alkohol mit Zucker
Und was ist Likör? Liköre sind alkoholische Getränke, die durch Mischen von Alkohol, Wasser, Zucker und aromatisierenden Stoffen entstehen. Letztere sind die wichtigste Zutat eines Likörs, denn sie bestimmen zum allergrößten Teil den Geschmack. Diese Stoffe können Früchte, Blumen, Kräuter, Samen, Pflanzen, Wurzeln oder Gewürze sein. Der Alkohol im Likör hat die Aufgabe, die Aromastoffe aus diesen Zutaten zu lösen, sodass das Getränk je nach Mischung der Kräuter, Gewürze usw. seinen einzigartigen Charakter erhält.
In der Regel werden die Zutaten zuerst in hochprozentigen Alkohol eingelegt, bis dieser die Aromen in der gewünschten Intensität aufgenommen hat – dieses Verfahren heißt Mazeration – und die Lösung wird sodann mit Wasser und Zucker aufgefüllt. Dies senkt den Alkoholgehalt auf ein verträglicheres Niveau und verleiht dem Likör Süße, Weichheit und Fülle.
Deutscher Gaumen trifft italienische Destillierkunst
Und wenn man Grappa als alkoholische Basis für einen Likör verwendet, erhält man – tadaaaa! – Grappa-Likör. Einen solchen hat mir freundlicherweise Philipp Loermann, Inhaber von toscana-vacanza.de zukommen lassen. Er ist sogar selbst Schöpfer dieses außergewöhnlichen Getränks, dem er den Namen Senza Nome („ohne Namen“) gegeben hat. Für die Herstellung arbeitet er mit Nannoni Grappe zusammen, einer Destillerie aus der Maremma, Toskana. Zusammen mit Nannoni hat er ein Rezept ganz nach seinem Geschmack kreiert.


So besteht der Grappa, also die Basis des Likörs, aus rotem Traubentrester (hauptsächlich aus toskanischen Sangiovese-Trauben). Die aromatisierenden Stoffe, die zugesetzt werden, sind Hagebutte, Sternanis, Zimt und süße Orange.
Fruchtig und angenehm mild
Selbstverständlich war ich skeptisch vor dem Probieren (ein Deutscher, der mit italienischen Getränken experimentiert?), doch das monatelange Feilen an der Komposition der Zutaten hat sich gelohnt: Die fruchtigen (fast blumigen) Noten aus Hagebutte und Orange dominieren, und Sternanis und Zimt geben einen leicht herben Hauch hinzu. Besonders gut gefällt mir das milde Gefühl auf der Zunge, denn vom Alkohol ist keinerlei aufdringliche Schärfe zu spüren. Ein gelungener und gefälliger Likör, der nicht nur nach dem Abendessen schmeckt, sondern auch „einfach so“, sei es bei Zimmertemperatur oder mit Eis.
Mehr zur Entstehungsgeschichte des Senza Nome erzählt Philipp auf toscana-vacanza.de. Den Grappa-Likör könnt ihr in seinem Online Shop bestellen.